In der Produktion von Konsumgütern fallen laufend Reststoffe an. Viele Betriebe haben weder Ideen noch die Mittel, um diese Wertstoffe sinnvoll weiterzuverarbeiten. Folglich werden tagtäglich Unmengen an Ressourcen vergeudet. Um dem entgegenzuwirken und Reststoffe in Rohstoffe zu verwandeln, wurde das ZweckZwei-Prinzip ins Leben gerufen. ZweckZwei denkt Kreislaufwirtschaft neu und verwandelt immer wieder vorkommende Reststoffe aus Gewerbe und Industrie in marktfähige Produkte. Die Abfälle dienen einem zweiten Zweck (daher „ZweckZwei“), anstatt entsorgt oder aufwändig recycelt zu werden. „Bei einem Großteil aller Produktionsbetriebe fallen systembedingt laufend Rest- und Altstoffe an“, erklären Karl Steinwender und Wolfgang Pekny, die Initiatoren von „ZweckZwei“. Steinwender, Experte für Ökobilanzen, erkannte im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit das Potenzial ungenutzter Industrieabfälle. „Die Betriebe selbst haben meist weder Ideen noch Ressourcen, um diese Wertstoffe sinnvoll weiterzuverarbeiten. Dadurch gehen diese ,Schätze‘ zumeist an die Abfallwirtschaft und werden so dem kurzen Kreislauf entzogen. Eine enorme Vergeudung von Ressourcen“, so der Fladnitzer, der sich mit seinem engagierten Team seit Jahren bemüht, diese Reststoffe zu verwerten – eine Reihe von Produkten ging daraus bereits hervor, darunter Lampen und Taschen, etwa eine Umhängetasche aus Airbags und Sicherheitsgurten von Verschrottungsautos. Allesamt gefertigt von Team Styria, einem sozialökonomischen Betrieb. „Die Serienfertigung in sozialökonomischen Betrieben ist wesentlicher Baustein von ZweckZwei, ebenso wie die wissenschaftlich fundierte Ökobilanzierung und Lebenszyklusanalyse über die gesamte Supply-Chain, die Produkte mit dem geringsten Klimaimpact garantieren“, betont Wolfgang Pekny, studierter Biologe und Chemiker, der über zehn Jahre als Kampagnendirektor und Thinktank für Greenpeace arbeitete. Insgesamt sechs Kriterien definieren das Prinzip:
- Verwendung von Rest- und Altstoffen aus Industrie, Gewerbe und Recyclingwirtschaft
- Nachhaltiger Design-Kreativprozess (in Kooperation mit der Creative Industries Styria)
- Qualitative Prototypen und Fertigungsdesign
- Wissenschaftlich fundierte Ökobilanzierung über den Gesamtprozess bis End of Life
- Fertigung ausschließlich in sozial-ökonomischen Betrieben der Region
- Vertrieb über ökologische und sozial-ökonomische Unternehmen
„Nur wenn alle Punkte erfüllt sind, ist es ZweckZwei“, so Steinwender. Im Schnitt nicht mehr als 20-30% der Klimawirkung, im Vergleich zur Primärherstellung, dürfen die Produkte von ZweckZwei aufweisen. Über 20 heimische Industriebetriebe hat Steinwender bereits als Lieferanten von Industrieabfällen in seinem Netzwerk, darunter A&R-Karton, BT Watzke, Wollsdorf Leder, Ringana, Vossen, Zotter und viele weitere – diese stellen mehr als 40 Abfallfraktionen von Offsetdruckplatten aus Aluminium über Kunststoffringe bis zu Schaumstoffresten und Gummiplatten zur Verfügung.
Im Frühjahr 2022 wurde das ZweckZwei-DesignCamp von ZweckZwei, Creative Industries Styria und der SelfSightSeeing Company organisiert. Das Ziel war, Prototypen für nachhaltige und hochwertige Produkte zu entwickeln. Elf Designer:innen – einschließlich der Kuratoren Io Tondolo und Itshe Petz (SelfSightSeeing Company) – aus unterschiedlichen Bereichen haben ein Wochenende lang gemeinsam an neuen Produkten gearbeiten. Nachdem den Expert:innen aus Bereichen wie Industrial Design, Fashion Design und Interior Design die Materialien und technischen Möglichkeiten vorgestellt wurden, ging es in die Ideenfindung und die Entwicklung von Prototypen.
Im Designmonat Graz 2022 zeigte eine Ausstellung den Verwandlungsprozess „From Trash to Treasure“ – ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft, des Neuen Europäischen Bauhaus und einer Green Transition – und die daraus entstandenen Prototypen – von Akustikpaneelen über Schubladengriffe und Designelemente bis zu Sonnenhüten und Lampen.