Das Grazer Gastronomie- und Lifestyleunternehmen Mangolds nutzte die Zeit in der die Gastronomie geschlossen war, um eine neue Produktlinie zu entwickeln und Vorreiter in Sachen Lebensmittelrettung zu werden. Im Interview gibt Geschäftsführerin Julia Pengg spannende Einblicke in die Idee hinter dem Projekt Food-Saver und wie sie nachhaltige Entscheidungen in ihrem Unternehmen umsetzt.
Was ist das Projekt Food-Saver und wie ist es entstanden?
Unter dem Namen Food-Saver produzieren wir Dips und Burgersaucen aus geretteten Lebensmitteln und verkaufen diese in speziell auf Re-use ausgerichteten Gläsern.
Als unser Restaurant in der Covid-Zeit nicht geöffnet war, haben wir das Mittagessen zum Abholen in Gläsern angeboten. Das ist bei unseren Kunden sehr gut angekommen und wir wollten mehr daraus machen. Inhaltlich kam dann noch das Thema Lebensmittelüberschuss und Ausschussware dazu, das gerade in der Gastronomie ein großes Problem darstellt. Zu Zeiten des Lockdowns war die Lage bei den Produzenten dann natürlich noch dramatischer – viele mussten ihre Lebensmittel vernichten. Das hat uns zum Nachdenken und Handeln animiert.
Wie seid ihr als Gastronomiebetrieb dann aktiv geworden?
Wir sind entlang der Lieferketten zu den Produzenten gegangen. Konkret arbeiten wir momentan mit zwei Betrieben zusammen – einem Biobauern und einem Großbauernbetrieb, der direkt an den Handel liefert. Mit ihnen ist eine Kooperation von den Produkten, Mengen und vor allem auch von der Entfernung her möglich. Wir holen nicht nur Überschussware, sondern auch jene, die nicht in die Normen passt – wie etwa Gemüse mit Hagelschaden – direkt bei den Produzenten ab.
Laut Studien bleiben bis zu 30% der Lebensmittel in der Produktion. Einer dieser Betriebe arbeitet mit nur 3% Ausschussware und selbst das ist mehr, als wir verarbeiten können.
Und aus diesen geretteten Lebensmitteln werden die Food-Saver Produkte hergestellt?
Genau. Wir machen die verderbliche Ware somit länger haltbar und es entsteht ein neues Produkt – die Burgersaucen und Dips der Food-Saver Serie. Sie sind vegan, ohne Konservierungsstoffe und ein Jahr haltbar. Die Food-Saver Produkte geben jedem Einzelnen die Möglichkeit, das Thema Lebensmittelrettung in seinen Alltag einbauen zu können.
Das Thema ist so spürbar und nah am Menschen dran, dass es jedem Freude bereitet. Man kann es verstehen, angreifen, weiterschenken.
Wie seid ihr an den Designprozess herangegangen?
Wir leben in einer sehr ästhetisierten Gesellschaft und der Design- und Ästhetikaspekt ist deshalb bei einem Produkt essentiell. Es geht in erster Linie darum, eine gewisse Achtsamkeit zum Thema Nachhaltigkeit zu transportieren und in zweiter Instanz um schönes Design. Denn wenn die Lösung praktikabel ist – auch noch gut ausschaut und gut schmeckt – stellt man seine Gewohnheiten gerne um.
Der Re-use-Gedanke hat auch die Form und Art des Glases bestimmt: etwa die Form und Dimensionen des Sturzglases, um es auch direkt am Tisch verwenden und leicht reinigen zu können, oder das Etikett, das man rückstandslos ablösen kann.
Mangolds will das erste klimapositive Restaurant Österreichs werden. Was könnt ihr als Unternehmen neben den Food-Saver Produkten sonst noch tun?
Wir arbeiten schon sehr intensiv an unserer Klimabilanz, aber es ist noch ein langer Weg.
Auf der Ebene der Ressourcen können wir bereits viel verändern – etwa beim Strom- oder Wasserverbrauch, bei Verpackungen oder Transportwegen. Wir tracken all das und schauen, wo wir Prozesse optimieren können. Auf der Ebene des Menüplans ist das Tracking etwas aufwändiger, aber ebenfalls möglich: woher kommt das Gemüse, zu welcher Saison, auf welchem Weg? – Unser Kaffee wird etwa per Segelschiff transportiert. Im ersten halben Jahr des Food-Saver Projekts haben wir insgesamt 1,3 Tonnen Gemüse gerettet und für die Food-Saver Produkte und das Restaurant verkocht. Das sind greifbare Zahlen, mit denen man Erfolg messen kann. Am komplexesten ist die Umsetzung in Unternehmensbereichen, die weiter weg vom Produkt sind, etwa in der Administration. Aber auch dabei ist es unser Ziel, Nachhaltigkeit in jede unternehmerische Entscheidung zu inkludieren.
Das Ziel, klimaneutral oder sogar klimapositiv zu sein ist greifbar und quantifizierbar. Man kann es verfolgen, die Entwicklung sehen, es kommunizieren und so auch andere in die Pflicht nehmen.
Mangolds gibt es seit 1989 und das Unternehmen ist Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Wie hat sich das ganzheitliche Denken so früh als Unternehmensphilosophie entwickelt?
Vor 30 Jahren begann die Entwicklung aus dem Gesundheitsbereich und der Vollwertküche heraus. Themen wie Bio oder Nachhaltigkeit, die jetzt einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben, waren für uns immer schon wichtig und eine logische Weiterentwicklung der Philosophie.
Wichtig ist dabei, dass das Thema Nachhaltigkeit alle Lebensbereiche umfasst: Ernährung, Gesundheit, Körperpflege, Sport. Wenn man für die Gesundheit und für das Wohlbefinden etwas tun kann und zugleich das Gefühl hat, man schützt und bewahrt die Umwelt damit, dann ergibt sich eine vollständige Lösung.
Was können wir alle tun, um den Lebensmittelkonsum noch nachhaltiger zu gestalten?
Im Sinne der Food Revolution können alle Teilnehmer des Lebensmittelkreislaufs aktiv werden.
Einerseits muss das Problem des Lebensmittelüberschusses bei den Produzenten noch weiter in den Vordergrund gestellt werden – daran arbeiten wir unter anderem mit der Landwirtschaftskammer. Auch andere Themen wie etwa den Anbau alter Sorten oder Diversität müssen wir ansprechen.
Dann hat der Handel natürlich eine große Verantwortung. Hier wird aber bereits viel unternommen – etwa gibt es durch digitale Bestellsysteme schon weniger Zentrallager.
Und schlussendlich tragen natürlich auch die KonsumentInnen Verantwortung – über ihre Produktentscheidungen.
Im digitalen Zeitalter sind dabei auch Vernetzung und Kommunikation ein zentrales Element. Unter den Hashtags #mangoldsmovement bzw. #wirsindfoodsaver bauen wir deshalb auch eine Online Community auf, in der alle Themen rund um das Thema Nachhaltigkeit kommuniziert werden können.
In dem Familienbetrieb arbeiten über 30 Mitarbeiter mit Julia Pengg daran, immer wieder neue, positive Mangolds Momente zu schaffen.
Instagram: Mangolds & Mangolds Futter
Facebook: Mangolds & Mangolds Restaurant
Food-Saver Produkte
Graphic Design: Katharina Seiler / Nebulabor
Fotos: Mangolds / Lex Karelly