Design Transfer
Corporate Fashion Design für Megaphon
Mit der Corporate Fashion der Grazer Designerin und Pädagogin Elisabeth Krautinger wird die Straßenzeitung Megaphon zur unverwechselbaren Marke - und ihre VerkäuferInnen zur lebendigen Stimme ihrer Idendität.
Designerin Elisabeth Krautinger mit Megaphon-VerkäuferInnen © Philip Podesser

25.000 misst die Auflage des Monatsmagazins mittlerweile, rund 350 Verkäuferinnen und Verkäufer bringen es in Graz, den steirischen Bezirkshauptstädten und in Klagenfurt unter das Volk. Das 20 Jahre alte, erfolgreiche Social Business ist Teil der Caritas der Diözese Graz- Seckau. Das Prinzip dabei: Die Hälfte des Verkaufspreises bleibt bei den VerkäuferInnen. Das Image der Straßenzeitung – und ihrer VerkäuferInnen – sieht leider immer noch etwas anders aus. Man redet von „Almosen für die Armen“, die in Wirklichkeit tagtäglich unternehmerische Entscheidungen treffen müssen. Dazu kommt eine gute Portion Rassismus – die meisten VerkäuferInnen stammen aus Afrika, der Anteil an Menschen aus Osteuropa wächst. Begegnet wird dem standhaft – mit Freundlichkeit und Lebensmut.

Straßenzeitungen und Magazine sind ein weltweites Erfolgsmodell. Sie sind Bindeglied zwischen Integrationswilligen und der Gesellschaft. Diese Integration ist auch Aufgabe einer City of Design, die für die bewusste Ge- staltung des Lebensraums steht, und für jenes Design, das letztendlich den Menschen dient. Die Stadt Graz hat sich als UNESCO City of Design zum Ziel gesetzt, die Kreativschaffenden und ihr Tun mit Aufgaben und Projekten sichtbar zu machen.

Gemeinsam mit der Creative Industries Styria und dem Wirtschaftsressort der Stadt Graz hatte das Megaphon im Zuge eines Design to Business-Projekts einen Call für ein Corporate-Fashion-Projekt ausgeschrieben. Gesucht wurden Kreativschaffende, die gemeinsam mit den Verkäuferinnen und Verkäufern neue Be- kleidungselemente zur Festigung der Corporate Identity des Straßenmagazins Megaphon entwickeln und so die Verkäuferinnen und Verkäufer besser in das Stadtbild integrieren. Drei Entwürfe waren in der engeren Wahl, abgestimmt hat das Plenum der Verkäufer selbst. Die Wahl fiel auf Krautingers Design – und war mehr als eindeutig. „Uns ist es wichtig, dass die Verkäuferinnen und Verkäufer unverwechselbar sind, denn es kommt immer wieder vor, dass Leute Straßenzeitungen als Hilfsmittel zum Betteln verwenden“, so Mayer. Elisabeth Krautinger, die Mode an der Wiener Angewandten bei Karl Lagerfeld und Jil Sander studierte und deren zweites Standbein ihre Arbeit als Kreativtrainerin und Pädagogin ist, schuf ein Megaphon-Outfit, in dem sich eine wiedererkennbare Marke mit einer deutlichen Botschaft verbindet. „Mein Designkonzept steht eng in Verbindung mit der tiefen Bedeutung des Begriffes Megaphon“, sagt Krautinger, „es geht um geschriebene Worte einer Straßenzei- tung, um gesprochene Worte der Verkäuferinnen und Verkäufer und darum, letztendlich von diesem Verkauf zu leben – eine Chance!“

Vom Ich zum Wir
Die Worte „We are“ scharen auf dem T-Shirt eine Reihe von Keywords um sich, deutsche wie engli- sche, von „Human“ über „Chance“ bis „Sprache“, und bilden dabei stilisierte Schallwellen. Auf diese Begriffe stieß Krautinger in unzähligen Ge- sprächen mit den Verkäuferinnen und Verkäufern: „So habe ich entdeckt, welche Dinge allen wichtig sind. Daraus habe ich ein Wir-Gefühl abgeleitet – daraus wurde dann das Herzstück meines Designs.“ Dieses Schriftbild schafft eine sichtbare Marke und eine gemeinsame Identität, ohne in die gleichgeschaltete Tristesse einer Uniform abzudriften. Paul Mayer: „Da sieht man auch schon aus 30 Metern Entfernung: Der gehört zu einer Gruppe von Profiverkäufern, die macht das auf hohem Niveau, die sind vom Megaphon.“

Wiedererkennen und Wertschätzen
Auf starken Wiedererkennungswert setzte auch der Entwurf des Fashion-Sets von Modedesignerin und Unternehmerin Johanna Hauck. Sie brachte ein stilisiertes Megaphon in Form eines orangen Dreiecks auf die Windjacke, das sich vom komplementären Blau abhebt. „Wie ein Lichtstrahl zeigt die helle Farbe auf das Magazin, das die VerkäuferInnen in der linken Hand halten.“ Eine Reihe von nützlichen, warmen Accessoires ergänzt ihren Entwurf – Handschuhe, Haube und sogar Socken aus reiner Wolle. Wichtig waren für Hauck außerdem „Standards für biologische und nachhaltige Produktion“. Der Entwurf von Modedesignerin und Kostümbildnerin Alexandra Pötz und Kommunikationsdesignerin Vera Tödling spielt mit den Buchstaben des Worts Megaphon und setzt die Wort-Bild-Marke prominent auf die Kleiderentwürfe. „Wir sehen das Megaphon als Bindeglied zur Gesellschaft“, sagt Pötz, „unser Design soll Wertschätzung für die Arbeit der Verkäuferinnen und Verkäufer schaffen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl spüren lassen.“

Design spricht zu den Menschen
Kommunikation und Worte sind das Kapital der Megaphon-VerkäuferInnen – und des Magazins. Es geht laut Mayer um „gelebte Integration, um Interaktion mit Menschen, um Stammkunden“. „Das Design der Kleidung drückt die Persönlichkeit des Verkäufers oder der Verkäuferin aus. Dabei sind Worte immens wichtig“, resümiert Krautinger. Ethnoelemente stehen dabei für den Stolz auf die Herkunft, österreichische für Integration in die neue Heimat. Und noch eines muss Design natürlich leisten, damit es Design sein kann: Funktionalität. „Nur durch diese Verbindung entsteht ein wirkungsvolles Fashion CI“, so Krautinger. Und in der Tat: Bei aller Gestaltung, Bedeutung und Wirkung ist Krautingers Corporate Fashion auch etwas ganz Einfaches: eine schützende Kappe, ein bequemes Leiberl und eine kuschelige Jacke.

www.megaphon.at
www.narayana.at
www.johannahauck.com
www.wirtschaft.graz.at