Die Kreativwirtschaft gilt seit Jahren als der Shooting Star in der heimischen Wirtschaft: schnell, flexibel, resilient, offen für neue Technologien, polyglott, kosmopolitisch und gut ausgebildet. Daraus ergeben sich nicht nur viele Chancen für junge Kreative, sondern auch sehr hohe Anforderungen an die Unternehmen der Branche, vor allem angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen, Stichwort demografischer Wandel. Fazit: Innovative Unternehmen der Kreativwirtschaft kämpfen längst schon mit demselben Problem wie ihre klassischen Pendants etwa im Handwerk. Fachkräfte werden gesucht, „händeringend“ inklusive! „Betroffen sind große Unternehmen genauso wie EPUs“, weiß Eberhard Schrempf, Geschäftsführer der Creative Industries Styria, „es gibt genug Aufträge, aber zu wenig Leute, um sie zu bearbeiten.“
Das betrifft so gut wie alle Bereiche, vom Office- und Projektmanagement bis zu Sales und Vertrieb. Besonders prekär ist die Lage jedoch dann, wenn es um die Kernkompetenzen vieler kreativer Unternehmen geht, also etwa Interaction Design, Software Development, Coding bzw. Programmieren, aber auch Social Media, Editorial- und Content-Management, ganz zu schweigen von Anwendungen in den Bereichen der künstlichen Intelligenz (AI), Augmented Reality (AR) und der virtuellen Realität (VR). Woher die Nachfrage kommt, ist klar: „Wir haben im Moment eine Art Goldgräberstimmung, weil es einen enormen digitalen Boost durch Covid gibt. Die Creative Industries ist ganz klar die Treiberin der digitalen Transformation. Aber wir brauchen noch viel mehr Leute, die das auch umsetzen können.“
Wie aber bringt man vermehrt digitale Kompetenzen in die Unternehmen? An tertiären Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Medien und Design mangelt es in Graz dank FH Joanneum ja nicht. Man müsse, so Schrempf, aber bereits im Bereich der höheren Schulen ansetzen und dort stärker für die Themen Digitalisierung und Kreativwirtschaft sensibilisieren. Beides passt ja durchaus zum Lebensgefühl der jungen Generation. „Viele junge Menschen können mit Montag bis Freitag nine to five nichts mehr anfangen.“ Das sei gerade in den kreativen Branchen ein Vorteil und könnte diese zusätzlich attraktiv machen.
„Die Kreativwirtschaft arbeitet seit jeher etwas anders, Homeoffice und digitale Lösungen gibt es in den Unternehmen ja nicht erst seit Corona“, so Schrempf. Weitere Anreize wie etwa eine Viertagewoche würden die Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv machen. „Die gesamte Branche muss darauf schauen, das Wissen, das Know-how und die hohe Expertise im Land zu halten“, meint Schrempf. Eines steht jedenfalls fest: Wissensbasierte Dienstleistungen – nichts anderes ist mit „kreativer Arbeit“ gemeint – werden verstärkt nachgefragt sein. Das bedeutet: krisensichere Jobs, gutes Einkommen und viele Möglichkeiten für eine individuelle Laufbahn.
Der Artikel erschien ursprünglich im JUST Magazin.